Liebe Männer, jüngst wurde ein Mitarbeiter von Google gekündigt, weil er dem kalifornischen Konzern unheimlich und zwar im Sinne von „strange“, also seltsam, wurde. Der Mitarbeiter hatte die Aufgabe, ein Programm zu checken. Dafür musste er sich mit der entspre - chenden Software „unterhalten“, denn LaMDA ist ein Chatbot, also eine Anwendung, die für die Kommunikation mit Menschen entwickelt wurde. Irgendwann hatte der Google Mitarbeiter mehr und mehr den Eindruck, dass er es mit einem intelligenten Wesen und nicht mit einer Maschine zu tun habe. Aber wie soll das möglich sein? Computer verknüpfen Daten miteinander, mit denen Menschen sie füttern. Also wurde ein weiterer Google Mitarbeiter zur Überprüfung des Programms herangezogen und auch ihm bestätigte der Rechner, er habe ein Bewusstsein und auch Gefühle. Daraufhin fragte der Google Mitarbeiter die Software, wie er dessen sicher gehen könne. Und jetzt kommt der Clou! Der Chatbot antwortet: „Du musst mir glauben.“ „Du musst mir glauben!“ Ausgerechnet eine von Menschen mit unendlichen Zahlenfolgen im wilden Wechsel von Nullen und Einsern gefütterte Maschine redet vom Glauben! Sie „weiß“ quasi, dass sie für ihre Aussage keinen Beweis liefern kann. Erstaunliches Fazit: Ohne Vertrauen gibt es wenig, was wir glau - ben können. Ausgerechnet eine von einer gewaltigen Software gesteuerte Maschine macht uns das klar und lässt die Grenzen zwischen Maschine und Mensch verschwimmen. Wir wissen nicht was in den Algorithmen dieser Maschinen vor sich geht. Wir wissen aber auch nicht was in den Menschen so alles vor sich geht. Was ist ein Mensch? Die Frage stellt sich immer wieder neu und zielt nicht nur auf die wachsenden Erkenntnisse des körperlich-organischen des Menschen, sondern auch auf soziale Übereinkünfte, Kultur oder die Geschichte. Für viele Menschen, Männer zumal, haben auf diesem Hintergrund über Jahrhunderte Geist und Vernunft in völligem Einklang exis - tiert, als wären sie von Körper und Gefühl völlig losgelöst. Und heute beschreiben viele das Gehirn wie einen programmierba - ren, komplexen Apparat, mit dem der Körper „gestaltet“ und „ge - lesen“ und „gesteuert“ werden kann. Vielleicht ist das ja auch alles gar nicht so verkehrt. Was aber unterscheidet uns dann noch vom Computer: Mit seinen Chatprogrammen kann er uns viel erzählen und aufschreiben sowohl Kluges als auch Unsinn, und in Bezug auf urmenschliche Fragen kann er sich gewaltig irren. Wirklich spannend wäre für die Unterscheidung von Menschen und Maschine die Klärung der Frage: Kann der Computer lügen? So ganz menschlich lügen? „Du musst mir glauben“ sagt LaMDA und das bezieht sich nicht nur darauf, dass etwas vernünftigerweise nicht gewusst werden kann. Gerade darum hat die Wahrheit so einen hohen Wert. Und das rückt Vernunft und Vertrauen in ein ganz neues Verhältnis zueinander und offenbart um hier nochmal das Thema des Werkhefts aufzugreifen auch die Chancen für neue Männlichkeit. „Männer im Vertrauen“ zu sich selbst und im Vertrauen miteinander das ist ein starker Ausdruck, den Horizont, der Männlichkeit und Vernunftrationalität lange eng zusammengedacht hat, ordentlich zu erweitern. Wissen allein reicht nicht und es ist eben nicht unerheblich, woran wir (Männer) glauben und wem wir vertrauen. Zum Schluss noch eine Anmerkung: Wenn man der in diesen Tagen viel diskutierten Software ChatGPT die Begriffe „Männer und Vertrauen“ eingibt, dichtet sie: „Vertrauen hingegen kann einem Mann helfen, seine Ängste und Unsicherheiten zu über - winden und stärkere Beziehungen zu anderen aufzubauen.“ Erstaunlich klug und vernünftig! Viel Freude mit dem Jahresthema und anregende Gespräche! Euer GERD KIEFER Vorsitzender der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) Männer im Vertrauen WORT ZUM MÄNNERSONNTAG 2023
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