Aus der Predigt:
„Bei einer Wanderung
begegnete ich kürzlich Vater
und Sohn. Sie überholten
mich bergab und ich hörte
den etwa zehnjährigen
Jungen fragen: ‚Papa, kann
ich die Abkürzung da
nehmen?ʻ Er deutete dabei
auf eine ziemlich steile
Rinne mit Geröll und
Felsbrocken, die schwer
einsehbar war. Ich dachte
sofort: ,Auf keinen Fall!‘
Aus der Predigt:
„Er ist ein religiöser Mensch.
Und es hilft ihm zu erken-
nen, was seine eigene Auf-
gabe hier in der Welt ist, wo
er seinen Ort hat, im Alltag
und auch beim Gucken auf
diese ganz großen Fragen.
Wieso bin ich in der Welt?
Da hilft ihm die Vernunft
und er will dieses Talent, wo
er sagt, das hat Gott mir
anvertraut, dann auch in
dieser Welt Gottes nutzen.“
Aus der Predigt:
„Nur einer sitzt stumm da
und starrt ins Leere während
er die Bomben hört, die in
Israel und Gaza fallen und
die Panzer die in der Ukraine
über den knackenden Wald-
boden rollen. Das erste Mal
in seinem Leben möchte er
den so oft gehörten Worten
widersprechen, einfach
aufstehen und rufen: ,Da ist
kein Frieden auf der Welt!
Wo ist er, der Friede Gottes?‘“
zur Predigt
zur Predigt
zur Predigt
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
Die Gewinner*innen des PREDIGTPREISES MÄNNER 2023 sind:
Die Männerarbeit der EKD gratuliert herzlich!
Warum gibt es den Predigtpreis? Wer lobt ihn aus,
wer bildet die Jury? Diese Infos gibt es
hier…
Theodor Leonhard
Laudatio (in Kürze hier)
Laudatio (in Kürze hier)
Laudatio (in Kürze hier)
PREDIGTPREIS MÄNNER
Johanna Eggers
Studentin der Ev. Theologie an der Universität Göttingen, Jg. 1997, GöttingenJoachim Baier
Pfarrer, Kreuzkirche Kassel, Pastoralpsychologe, Jg. 1973, KasselEvi Höglauer
Studienrätin, Jg. 1990, Berchtesgaden
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
Männer im Vertrauen
Predigt zu Phil 4,7
von Evi Höglauer
„Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“
So lautet der Kehrvers des bekannten Kirchenliedes „Von guten Mächten treu und
still umgeben“. Der Text stammt von Dietrich Bonhoeffer.
Im Kreise der Gemeinde und getragen von der Spiritualität des Gottesdienstes, fällt
es uns meist leicht, hier, beispielsweise zum Jahreswechsel, mit einzustimmen und
singend das eigene Vertrauen auf Gottes Beistand zum Ausdruck zu bringen.
Bemerkenswert ist hingegen, unter welchen Umständen Bonhoeffer diese Zeilen
niederschrieb: Sie entstammen einem Brief an seine Verlobte Maria von
Wedemeyer, den er Ende 1944 im Kellergefängnis des Reichssicherheitshauptamts
in Berlin verfasste. Dort wurde er als Widerstandskämpfer von den
Nationalsozialisten gefangen gehalten. Wenige Monate später, im April 1945, folgte
die Verurteilung zum Tod durch den Strang.
Man muss davon ausgehen, dass er sich im Gefängnis seiner – aus weltlicher Sicht
– völlig aussichtslosen Lage durchaus bewusst war. Kaum würden ihn seine
Häscher ziehen lassen oder begnadigen. Und dennoch war es ihm möglich, die
verheißungsvollen Worte „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir
getrost, was kommen mag“ aufzuschreiben.
Wie ist das möglich? Es ist für mich der Ausdruck eines tiefen Gottvertrauens. Es
fußt drauf, dass Gott dem Menschen in jeder Lebenslage beisteht. Bedingungslos.
Und es ist dieses fast schon unvernünftig groß anmutende Urvertrauen, das meine
Bewunderung für den Theologen Bonhoeffer immer wieder entfacht.
„Höher als alle Vernunft (Phil 4,7) – Männer im Vertrauen“ ist im Jahr 2023 das
Thema der Männerarbeit der EKD. Bonhoeffer ist einer dieser Männer, deren
Vertrauen außergewöhnlich groß war. Größer als die Vernunft? Rational betrachtet,
standen Bonhoeffer, als er seine berühmten Zeilen dichtete, nur noch weitere Haft
und seine Hinrichtung bevor. Aus einer rein von Vernunft geleiteten Perspektive war
da kein Silberstreif der Hoffnung mehr auszumachen.
Aus Sicht des Christen Bonhoeffer schon. Er vertraut offenbar auf „den Friede[n]
Gottes, der höher ist als alle Vernunft“ (Phil 4,7). So ist es zumindest im Brief des
Paulus an die Philipper formuliert, der dieser Predigt zugrunde liegt.
In seiner Gesamtheit lautet der Vers: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle
Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ (Phil 4, 7) Es handelt
sich hier um einen Segenswunsch für die Angesprochenen. In diesem Fall wendet
sich Paulus an die christliche Gemeinde in Philippi. Auch er ist, als er diese Zeilen
schreibt, in einer Situation der Gefangenschaft. Aufgrund seiner Missionsarbeit für
Christus war er verhaftet worden. Später folgte seine Hinrichtung in Rom. In seiner
Zeit als Gefangener schickte er seiner Gemeinde diesen – aus heutiger Sicht -
erstaunlich zuversichtlich wirkenden Segen, aus dem sich zwei Kerngedanken
ableiten lassen.
Im ersten Teil des Verses ist die Rede vom „Friede[n] Gottes, der höher ist als alle
Vernunft“ (Phil 4,7). Der Friede Gottes ist also ein besonders hohes Gut. Sein Wert
übersteigt menschliche Denkkategorien, wie etwa die Vernunft. Dem Duden zufolge
beschreibt Vernunft das „geistige Vermögen des Menschen, Einsichten zu
gewinnen“. Doch der Friede Gottes ist mehr als das. Er wird den Menschen eben
nicht allein durch reifliche Überlegung und eine damit verbundene Einsicht zuteil.
Er wird ihnen vielmehr zugesprochen.
Dies sieht man im zweiten Teil des Verses, welcher als Segenswunsch formuliert ist:
„Der Friede Gottes [...] bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ Der
Sprecher, hier Paulus, möchte, dass der Friede Gottes die Gemeinde erreicht. Paulus
bringt zum Ausdruck - und das ist der zweite Kerngedanke -, dass der Friede Gottes
groß genug ist, um Herzen und Sinne der Menschen in sich aufzunehmen. Herzen
und Sinne, das bedeutet, die Ebene der Gefühle und die der Vernunft. Und Paulus
wünscht sich, dass Herzen und Sinne der Menschen in diesem Frieden bewahrt
werden, also einen Schutzraum finden. Dies ist möglich in und mit Hilfe von Jesus
Christus. Im Vertrauen auf ihn können wir den Frieden Gottes spüren und uns davon
beschenken lassen.
Dieses Vertrauen auf Gott und seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus, das mit
menschlicher Vernunft nicht zu fassen ist, war bei Männern wie Paulus oder
Bonhoeffer besonders ausgeprägt. Es gab ihnen Halt und Zuversicht. Und es ist
eben dieses Vertrauen, das auch heute Männern als Stütze dienen kann.
Glücklicherweise sind die meisten von uns nicht in solch existenziell bedrohlichen
Situationen wie diese beiden Christen. Vielmehr ist es die Herausforderung unserer
Zeit, mit Gottvertrauen durch den Alltag zu gehen. Dazu müssen wir uns manchmal
ermutigen lassen.
In diesem Zusammenhang fällt mir folgendes Erlebnis ein. Bei einer Wanderung
begegnete ich kürzlich Vater und Sohn. Sie überholten mich bergab und ich hörte
den etwa zehnjährigen Jungen fragen: „Papa, kann ich die Abkürzung da nehmen?“.
Er deutete dabei auf eine ziemlich steile Rinne mit Geröll und Felsbrocken, die
schwer einsehbar war. Ich dachte sofort: „Auf keinen Fall! Das ist viel zu gefährlich.“
Aber zu meiner Überraschung antwortete der Vater: „Klar, ich warte da unten.“ Mir
blieb die Luft weg. Doch leichtfüßig wie eine Gämse durchstieg der kleine Junge
unbeschadet den Graben und als er unten wieder auf den Normalweg stieß, schob
er seine kleine Hand in die seines Vaters und lächelte ihn an. Beide waren stolz.
Niemand hatte am Erfolg des Vorhabens gezweifelt. Die inneren Alarmglocken
meiner Vernunft hatten die beiden zum Glück nicht gehört. Der Vater hatte
Vertrauen in seinen Sohn gesetzt und der Junge, dadurch bestärkt, war ohne
Selbstzweifel in ein Abenteuer gestartet, an dem er wachsen konnte. Für mich ist
dieses Vertrauen zum Sinnbild geworden. Dafür, dass man seinen Mitmenschen,
auch Kindern, etwas zutrauen sollte. Und dafür, dass Vernunft und Zweifel nicht
unbedingt die besten Ratgeber sind. Ob der Mann gläubig ist und daher aus
Gottvertrauen handelte, kann ich nicht sagen. Klar ist, dass er auf seinen Sohn und
auf einen guten Ausgang von dessen Unternehmung vertraute. Und für mich in
meiner christlichen Perspektive wurde in dem Moment deutlich: Vertrauen in meine
Mitmenschen ist eine Form des Gottvertrauens. Sie können mich mit ihren
Fähigkeiten überraschen. Wir können auf einmal gemeinsam Dinge bewältigen, die
alleine nicht zu schaffen wären. Und so bekommen wir eine Ahnung vom Frieden
Gottes, in dem unsere Herzen und Sinne und unsere verschiedenen Talente Platz
haben.
Wir müssen nicht von heute auf morgen so unerschütterlich im Glauben an Gottes
Beistand sein wie ein Apostel oder ein evangelischer Widerstandskämpfer. Aber
Vertrauen in unsere Mitmenschen ist etwas, das wir uns alle vornehmen können.
Und es ist ein erster großer Schritt.
Darüber hinaus kann das Vertrauen auf Gott selbst ein Gedanke sein, der ganz
bewusst durch den Alltag trägt. Männer können ihre Mitmenschen dazu ermutigen.
Dazu ist mir eine Szene aus Kindertagen in lebhafter Erinnerung geblieben. An
Tagen vor Prüfungen in unliebsamen Schulfächern war ich stets aufgeregt und
besorgt, ob ich wohl gut genug vorbereitet war. Als ich deswegen wieder einmal
nicht einschlafen konnte, setzte sich mein Vater zu mir und sprach mit mir ein sehr
einfaches Gebet: „Herr, ich habe das Meinige getan, nun vertraue ich auf dich.
Amen“ Diese Worte sind äußerst schlicht, manche würden sogar behaupten, naiv.
Aber im Grunde sagen sie das Wesentliche aus: Nicht alles in unserem Leben liegt
in unserer Hand. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man alles im Griff hat oder
durch eigene Anstrengung alles erreichen kann. Selbst ein Mitmensch, in den man
Vertrauen gesetzt hat, kann einen enttäuschen. Oft bleibt dann nur das Vertrauen
auf den Beistand und die Liebe Gottes. Und im Einklang mit Bonhoeffer können wir
davon ausgehen: „Gott ist bei uns [...] an jedem neuen Tag“. Ich wünsche mir, dass
es Männer gibt, die Kindern genau diese Idee mit auf den Weg geben: Auf Gott
kannst du vertrauen. Er ist bei dir in allen Lebenslagen.
Zum Glück gibt es diese Männer. Sie arbeiten in Kindergärten und Grundschulen.
Sie engagieren sich in der Jugendarbeit und als Nachwuchstrainer in Sportvereinen.
Sie sind im Kinderhospiz und in der Kirchengemeinde. Es sind Väter und
Ehemänner. Sie trauen Mitmenschen etwas zu und vertrauen selbst auf Gott. Sie
sind Botschafter des Friedens Gottes.
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und
Sinne in Christus Jesus.“ (Phil 4, 7) Amen.
PREDIGTPREIS MÄNNER
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
Laudatio auf Christoph Masers Predigt „Mein Seufzen ist dir nicht verborgen“
von Dr. Volker Lehnert
Liebe Anwesende,
lieber Christoph Maser,
über den richtigen Predigtanfang wird in der Homiletik ja immer wieder diskutiert.
Wie lange überlegen wir manchmal, wie wir starten sollen. Wie die Aufmerksamkeit
erlangen? Wie das Eis brechen?
Der Anfang Ihrer Predigt lässt diesbezüglich nichts zu wünschen übrig:
„Mein Gott, vor Dir fühle ich mich wie Donald Duck …“
Ein Name, Donald Duck, und alle wissen, was gemeint ist. Die Stilisierung und
Metonymisierung aller menschlichen Gebrochenheit und allen menschlichen
Seufzens in einer Symbolfigur. Mehr braucht man nicht als diese eine Assoziation,
um zu beschreiben, was Henning Luther mit dem „fragmentierten Menschen“ meint.
In der Tat besitze ich noch einige von Disneys Lustigen Taschenbüchern aus meiner
Jugend in den 70ern und ich gestehe: Ich habe doch glatt nach Donalds „Seufz“-
Sprechblasen geblättert …
Gelegentliche regressive Kontingenzen haben ja auch spürbare seelsorgerliche
Auswirkungen.
In Ihrer Predigt folgt eine pfiffige Ausdifferenzierung der mannigfachen Facetten
menschlichen Seufzens:
Seufzen kann genervt sein.
Seufzen kann traurig sein.
Seufzen kann resigniert sein.
Seufzen kann sehnsuchtsschwer sein.
Seufzen kann angstvoll sein.
Seufzen kann wohlig sein.
Seufzen kann zufrieden sein.
Seufzen kann erleichternd sein, oder ein Ausdruck von Erleichterung.
Und dann Ihr Seufzer als Prediger: „Darüber soll ich predigen?“
Was folgt, gehört m. E. in jedes homiletische Lehrbuch: „Der Vers braucht keine
Predigt … Er erklärt sich selbst.“
Ja, das Wort Gottes wirkt performativ aus sich selbst heraus! Jes 55 bringt das auf
den Punkt! Und hatte uns nicht Martin Luther darüber hinaus nicht auch
eingeschärft, dass die Schrift sich selbst erkläre!?
Manchmal müssen wir das Wort einfach stehen lassen. Es muss selber sprechen,
anstatt allzu schnell Objekt unseres Sprechens zu werden.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber gelegentlich wirken Predigten auf mich wie
der unbeholfene Versuch, einen Witz zu erklären. Und dann wundern wir uns, dass
niemand lacht. Erlauben Sie mir eine vielleicht etwas gewagte Analogie: Ein nicht
performativ ausgelegter Bibeltext, der lediglich als Objekt unserer Beschreibung
herhalten muss, bewirkt genau so wenig Glauben, wie ein erklärter Witz Lachen
auslöst. Ernst Fuchs hatte seinerzeit unter dem Stichwort „Sprachereignis“
nachhaltig Bedenkenswertes zu diesem Phänomen geschrieben.
„Der Vers braucht keine Predigt … Er erklärt sich selbst.“
Nicht zerreden – einfach vertrauen, dass es so ist! Gott hört uns!
Ist wie mit dem Liebesgebot – darf man nicht wegrelativieren, muss man einfach
nur tun!
Nach der semantisch-psychologisch-seelsorglichen Differenzierung des Verbs
„seufzen“ im Deutschen und der Vergewisserung der Performativität des
Psalmwortes präsentieren Sie uns eine eindrucksvolle Tiefenbohrung anhand einer
kurzen Exegese des hebräischen Sprachspiels.
Lieber Herr Maser, das hat mich besonders gefreut angesichts der
wiederaufgeflammten Diskussion über den Stellenwert des Hebräischen in der
Theologischen Ausbildung. Die Schrift vom Urtext her zu uns sprechen zu lassen,
war doch der ganze Stolz Martin Luthers und stellte einen ganz wesentlichen Grund
für die Akademisierung der Pfarrerausbildung dar!
An Ihrer Predigt gewinnen wir einen Eindruck davon, was es heißt, dass alle
theologische Arbeit im Kern konsequente Exegese ist, wie wir von Eberhard Jüngel
gelernt haben: SaChaR steht hier im Nifal. Zu übersetzen ist also: „Mein Seufzen
verbirgt sich nicht vor Dir!“
Mein Seufzen wird zum Subjekt, Sigmund Freud würde sagen: zum „Anderen in mir“.
Wir haben es hier mit einem riesigen „Antiverdrängungs- und
Antitabuisierungsprogramm“ Gottes zu tun. Gott will Licht in unsere verknäulte
Seele bringen und in unsere Schatten allzumal.
Nicht zufällig kombiniert Jesus in seinen Aussendungsreden immer wieder den
Auftrag zur Verkündigung mit dem Auftrag zu heilen!
In der Begegnung mit dem Bibelwort offenbart Gott nicht nur sich, sondern
gleichermaßen auch uns vor uns selbst. Die ganze Verdrängung, die ganze
Verlogenheit, die ganze Angst vor der Wahrheit, die ganze Schauspielerei
voreinander und oft auch vor sich selbst – sie wird ausgeschaltet, umgeleitet und
gerät in den Lichtkegel Gottes:
„Seufzen als Durchlüften der Seele“ – wunderbar!
Und Gott hält das Fenster geöffnet!
Und dann nochmals ein anderer Zugang zur Sache des Psalmwortes: Seufzen wurde
auch medizinisch als Therapie erkannt, als Therapie zerfallender Lungenbläschen.
Wenn das kein Fund in der Wissenschaft ist, dann weiß ich es auch nicht.
Und es ist ein Beweis dafür: Interdisziplinäre Kenntnisse zahlen sich für die
homiletische Praxis aus!
Am Ende schließt sich der Kreis der Betrachtungen mit einer letzten biblischen
Betrachtung: Hebr. „Nefesch“ heißt der tragende Begriff, früher mit „Seele“
übersetzt, oder mit „Odem“, den Gott dem Adam eingehaucht hat. Vielleicht
könnten wir heute mit „Vitalität“, „Lebenskraft“ oder einfach mit „Leben“
übersetzen.
Wir verdanken unser Leben Gott.
Daran erinnert uns all unser Seufzen – und daran haben auch Sie uns, lieber Herr
Maser, mit Ihrer eindrucksvollen Predigt erinnert.
Hätte doch nur Donald Duck von all dem gewusst …
Lieber Herr Maser,
zum zweiten Mal erhalten Sie den Predigtpreis Männer – herzlichen Glückwunsch!
PREDIGTPREIS MÄNNER
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
Laudatio auf Pascal Lieberts Predigt „Mein Seufzen ist dir nicht verborgen“ –
Sorgende Männer, Sorgen der Männer, Sorge um Männer
von Dr. Volker Lehnert
Liebe Anwesende
lieber Herr Liebert,
wir ehren heute Ihre Predigt zu Ps 38,10, indem wir Sie mit dem Predigtpreis
Männer 2023 auszeichnen. Die Jury war sich relativ schnell einig, dass Ihnen hier
eine richtig gute Predigt gelungen ist, besonders auch, weil wir wissen, dass Sie als
Student der Theologie ja noch nicht aus dreißig Jahren Predigterfahrung schöpfen
können.
Ihre Predigt, die Sie im Rahmen Ihres Diakoniepraktikums erarbeitet haben, hat uns
aus mehreren Gründen sehr angesprochen und überzeugt. Einige davon will ich nun
nennen:
1.
Sie legen in der Tat einen biblischen Text aus. Wir halten das nach wie vor für
die Grundaufgabe einer evangelischen Predigt. Sie stellen Ps 38,10 in den Kontext
des nachfolgenden Verses und gewinnen aus dem Zusammenhang wichtige
Facetten zur Auslegung. Und Sie stellen den Vers in den Zusammenhang mit Mt
6,34 und gewinnen auf diese Weise einen Zusammenhang gesamtbiblischer
Theologie, eines exegetischen Programms, das vor vielen Jahren mal mit viel Verve
begonnen wurde, derzeit aber in der Prioritätenliste kirchlicher und universitärer
Interessen nach meiner Wahrnehmung nicht auf Platz 1 steht.
2.
Sie erschließen einen realen Alltagsbezug der exegetischen Betrachtung. Die
immer wieder viel diskutierte Frage, ob die Erschließung einer applicatio auf die
historische Exegese als ein zweiter Schritt folgen muss, oder ob sich nicht eine
theologische und existentielle Exegese immer schon innerhalb performativer
Applikation bewegt, wie es Klaus Berger – die Älteren erinnern sich – beschrieben
hat, entscheiden Sie homiletisch eindrücklich. Sie meditieren das Motiv des
Seufzens und entfalten darin zugleich narrativ reales menschliche Seufzen am
Beispiel zweier Männer.
3.
Die beiden Beispiele, ein an Demenz leidender Bauleiter, der seine Arbeit
vermisst, aber eigentlich Ruhe sucht, und ein Landwirt, der Ruhe und Erholung von
seiner Arbeit vermisst, aber eigentlich doch weiterarbeiten will, illustrieren sehr
nachvollziehbar die Ambivalenz der Rolle des menschlichen „Werkes“, wie
reformatorische Theologie es klassisch ausdrücken würden.
•
Wenn ich bin, was ich tue, dann bin ich nichts, wenn ich nicht tun kann, was ich
tue – in der Predigt der Bauleiter.
•
Wenn ich mehr bin, als das, was ich tue, dann bin ich nicht ganz der, der ich bin,
wenn ich immer nur tue – in der Predigt der Landwirt.
Seufzen begegnet uns somit als ein äußerst ambivalentes Phänomen.
Thomas Bauer, Professor in Münster, würde sagen: Leben, gerade wenn es wirklich
lebendig ist, realisiert sich immer nur in Ambiguitäten und gerade nicht in
Eindeutigkeit.
Und schon von der paulinischen Anthropologie her, ich verweise nur auf Röm 7,
wissen wir:
Was wir wollen, ist ja oft gar nichts das, was wir wirklich wollen, und schon gar
nicht immer das, was wir brauchen.
Ihre Predigt führt uns diese Ambivalenz eindrucksvoll vor Augen.
4.
Ihre Predigt vollzieht dezidiert Theologie. Und zwar dadurch, dass sie in der Tat
von GOTT reden und zwar so, dass unsere Hoffnung auf etwas, das wir von Gott
erwarten, Sprache findet:
Der eine sucht Arbeit, sehnt sich aber eigentlich nach Ruhe. Der andere erfreut sich
der Ruhe, sehnt sich aber eigentlich nach weiterer Arbeit. Beide seufzen beides.
Und nun Ihre theologische Perspektive:
•
Gott bleibt unser Seufzen nicht verborgen: „Herr, die kann ich nichts vormachen“
und
•
„Beides wird Gott den Männern geben“.
In diesen Worten kommt zweierlei zum Ausdruck: Zum Ersten: Vor Gott stehen wir
immer nackt da und alle Rollenspielerei und Selbstverbiegung hat ein Ende – das
befreit. Zum Zweiten: Gott wird uns das schenken, was wir wirklich brauchen – das
lässt hoffen.
Der deutliche Verweis auf Gott, der da ist, der bei uns ist und von dem wir etwas
erwarten dürfen! Das ist Predigt!
5.
Und schließlich: die Fokussierung alles Gesagten auf die in der Predigt
anwesenden Hörer:
„Ich bin der Vater, der Arbeiter, der Ehemann, der Opa, das Vorbild, der Chef“ - ich
füge hinzu: Und ich bin noch vieles mehr …
Richard David Precht hat ja schon vor Jahren geschrieben: „Ich bin, fragt sich nur
wie viele.“ Hier hat Precht recht.
Rollendiffusion nennen wir das heute. Vielgestaltige, manchmal paradoxe
Ambiguität in der eigenen Person und in der eigenen Rollenvielfalt.
Und dann ihr Fokus: „Bei Gott bin ich der Seufzer“.
„Wir können seufzen. Unsere Nächsten werden es nicht immer verstehen.“ Ich füge
hinzu: „ich selbst wohl auch nicht wirklich“.
Ihre Predigt schließt mit den Worten:
„Gott aber weiß, wie es gemeint ist“.
So hören wir am Ende Ihrer Predigt den Seelsorger, der im Seufzen Segen findet!
Lieber Herr Liebert,
herzlichen Glückwunsch zum Predigtpreis 2023.
PREDIGTPREIS MÄNNER
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
Laudatio auf Jonathan Steinkers „Zahnputzandacht“: „Das Schwerste“
von Martin Rosowski
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Preisträger,
Allein für dieses Format sollte man einen Predigtpreis ausloben: Zahnputzandacht –
regelmäßig, kurz, sinnvoll, erfrischend – wie Zähneputzen halt. Jeden Samstag gibt
es für die Menschen in Kolzenburg, Frankenfelde, Luckenwalde und anderen
schönen Orten das Angebot einer Zahnputzandacht: regelmäßig, kurz, sinnvoll,
erfrischend – zu sehen und zu hören auf Youtube. So auch am 03.09.2022. Jonathan
Steinker widmete seine Andacht an diesem Wochenende unserem Jahresthema der
Männerarbeit der EKD: „Mein Seufzen ist Dir nicht verborgen“ (Psalm 38,10). Er
verwendet den Text der `Volxbibel´: „Du hörst, wenn ich stöhne, wenn mein Herz
vor Schmerz abgeht.“ Eine ungewöhnliche Sprache für eine Bibel. Kein Wunder, die
´Volxbibel´ bemüht sich sprachlich um Bezüge zur Moderne und zur Lebenswelt von
Menschen. Sie gilt als einzige Bibel weltweit, die im Internet mithilfe des
„Crowdsourcing-Prinzips“ ständig sprachlich weiterentwickelt wird.
Jonathan Steinker bleibt dem für Verkündigung ungewöhnlichen Genre auf ganzer
Linie treu und reicht seine Predigt für den Predigtpreis Männer ein: In Form eines
Youtube-Links, mit den begleitenden Worten: „Die verschriftliche Version ist in den
Untertiteln …“
Jonathan Steinker ist Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Luckenwalde. Für die
Bearbeitung des Jahresthemas „Mein Seufzen ist Dir nicht verborgen – Sorgende
Männer, Sorgen der Männer, Sorgen um Männer“ hat er die freiwillige Feuerwehr
seiner Gemeinde eine Zeit lang mit dem Handy begleitet und ist mit den Männern –
und noch ist die freiwillige Feuerwehr in Luckenwalde wie überall in unseren
Gemeineden trotz des tollen Einsatzes unserer Kameradinnen vorwiegend von
Männern geprägt – ins Gespräch gekommen. Die Kameradinnen und Kameraden
unserer freiwilligen Wehren sind oft die Ersten, die an Unfallorten oder
Brandstellen mit schrecklichen Schicksalen der betroffenen Menschen konfrontiert
werden. Wie schwer das ist, kommt in den kurzen Statements der Männer im Clip
zum Ausdruck. Jonathan Steinke fragte sie: „Was ist das Schwerste in Eurem Alltag
der Einsätze?“ – und dann kommen oft dieselben Aussagen: „Das Leiden“, „die
körperlichen und seelischen Versehrungen der Menschen“, „Wenn Kinder betroffen
sind“ …
„Wir haben darüber geredet, was sie erlebt haben, damit das Seufzen raus kann und
sich nicht in der Seele einbrennt. […] Die starken Männer, die scheinbar alles
aushalten, trauen sich über das zu reden, was sie belastet. Oft mit bissigem Humor,
manchmal mit derben Flüchen, manchmal mit Tränen“, beschreibt Jonathan
Steinker seine Erfahrungen mit den Männern der Feuerwehr Luckenwalde. Und in
kurzen schlichten Worten stellt er über die Gebetszeile des Psalms den Bezug zur
Gemütsverfassung der Männer her, beschreibt seine seelsorgerliche Erfahrung des
gemeinschaftlichen Bearbeitens der Not und des Leides als das Erfahren der Liebe
Gottes, auf der Vertrauen gründen darf: Gott Du weißt was ich brauche …, Du hörst,
wenn ich stöhne, wenn ich vor Schmerz abgehe … Du gibt’s den Menschen die Kraft
für die Arbeit in der Feuerwehr und der Notfallseelsorge. Du schickst sie. Du hörst
die Not, Du kommst selbst trösten. Du bist da. Gott sei Dank!“
Wenn wir diesen Predigtpreis Männer ausschreiben, weil wir den Lebensbezug von
Männern und eine darauf Bezug nehmende Sprache und Form in der Verkündigung
stark machen wollen, dann könne wir gar nicht anders, als Ihre Predigt
auszuzeichnen. Danke für Ihren Mut, und die allerherzlichsten Glückwünsche,
Jonathan Steinker.
PREDIGTPREIS MÄNNER
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
„‚Höher als alle Vernunft‘ (Phil 4,7) – Männer im Vertrauen“
Predigt in der Ev. Kreuzkirche Kassel
von Joachim Baier
Männer. Da gibt es viel zu sagen, liebe Gemeinde: stark und furchtlos und stolz,
groß natürlich muskulös. Wir haben ja hier in Kassel mit dem Herkules das Urbild
oder ein Urbild des Mannes oben in unserer Stadt stehen, sommers wie winters,
vielleicht ein Stück unnahbar, wie er so da oben steht. Und an dieses „groß und
stark und furchtlos“, da können sich direkt die Abgründe anschließen: übergriffig,
gewalttätig und brutal.
Dann weiter: Männer, das sind die, die keine Gefühle zeigen können. Vielleicht
haben sie auch gar keine und sind irgendwie so emotional verarmt ... Stattdessen,
wissen wir alle, dominiert der Intellekt, das logische Denken, die Vernunft.
Männer. Paul kann mit solchen Zuschreibungen wenig anfangen. Schubladen, alles
Schubladen, denkt er und ärgert sich, weil er sich fragt, wem nützt das eigentlich?
Ja, vielleicht ist das manchmal erheiternd bei irgendwelchen Partyabenden oder
Skatrunden. „Wir sind die, die viel besser einparken können und ihr seid die, die
schon vor 10.000 Jahren in der Höhle für das Miteinander zuständig waren und die
deshalb so sozial sind und so unheimlich sensibel.“ Aber abgesehen von solchen
erheiternden Momenten – gehen wir damit dann auch wirklich in die Tiefe und
gucken, was es für uns bedeutet! Häufig bleibt es ja dann beim: „typisch!“
Paul will sich nicht so festlegen lassen, weder in die eine noch in die andere
Richtung, wie er zu sein hat, und er will auch andere nicht festlegen. Er will andere
Männer nicht festlegen und er will auch Frauen nicht festlegen, was denn für sie
typisch wäre und wie sie zu sein hätten. Paul würde schon von sich sagen, dass er
tapfer ist und mutig. Aber körperlich weit von Herkules entfernt. Eher ziemlich
klein, körperlich leicht behindert, keine Chance im Kampf gegen irgendwelche
Nemeischen Löwen oder auf der Jagd nach irgendwelchen Hirschkühen mit
goldenem Geweih!
Und das macht Paul manchmal zu schaffen, dass er von diesem Urbild des Mannes
so weit entfernt ist. Und manchmal gelingt es ihm auch gut, sich so anzunehmen
und zu lieben, wie er eben ist, und zu sagen, das gehört zu mir dazu. Da schwankt er
dazwischen.
Emotional, würde er sagen, ist er schon, aber weit weg von so „gefühlsduselig“ zu
sein. Emotional eher in dem Sinn, dass er sich richtig reinsteigern kann in Sachen.
Engagiert, wenn ihn was überzeugt. Manchmal sogar so im Überschuss engagiert,
und dann gerät er so in Rage, dass er übers Ziel hinausgeht. Das wird ihm von
anderen gesagt und er beobachtet es manchmal bei sich. Da gehen mit ihm die
Pferde durch.
Und das logische Denken, der Intellekt, die Vernunft, ja, das bedeutet ihm viel. Das
ist für ihn eine wesentliche Art, eine wesentliche Art, die Welt zu erkennen. Auch
eine wesentliche Art, wie er sich Gott nähert. Er ist ein religiöser Mensch. Und es
hilft ihm zu erkennen, was seine eigene Aufgabe hier in der Welt ist, wo er seinen
Ort hat, im Alltag und auch beim Gucken auf diese ganz großen Fragen. Wieso bin
ich in der Welt? Da hilft ihm die Vernunft und er will dieses Talent, wo er sagt, das
hat Gott mir anvertraut, dann auch in dieser Welt Gottes nutzen.
Vernunft auch als Macht gegen Dummheit und gegen Unrecht und Ungerechtigkeit.
Das ist ihm wichtig für sich selbst und für die Welt. Allerdings beobachtet Paul in
diesem Zusammenhang etwas bei sich, was ihm manchmal zu denken und dann
auch zu tragen gibt. Manchmal kommt er mit seiner ganzen Vernunft und mit
seinem ganzen Engagement, auch seinem Mut an einen Punkt, wo nichts mehr geht.
Wo einfach nichts mehr geht. Und das ist kein äußerlicher Punkt.
Äußerlich scheint das alles perfekt, durchdacht, erfolgreich, solide. Andere
bewundern ihn und sind manchmal neidisch, klopfen ihn auf die Schulter. Mensch,
du bist echt ein Kerl.
Und innerlich bleibt er leer. Das ist kein Burnout. Er könnte weitermachen, die Kraft
ist da. Das ist es nicht, sondern er bleibt sozusagen seelisch leer und dann kann es
sein, dass sich alles so seltsam verkehrt. Je mehr er sozusagen richtig macht, umso
leerer wird er. Und je mehr er auf die Schulter geklopft bekommt, umso weniger
kann er damit anfangen, fühlt sich überhaupt nicht mehr berührt und in Kontakt.
Paradox, unlogisch. Das kann er mit seiner Vernunft erkennen. Paradox und
unlogisch.
Und dann hat Paul eine Entdeckung gemacht. Oder vielleicht umgekehrt, die
Entdeckung hat ihn gemacht oder ihn gefunden. Jedenfalls war da etwas, was ihn
grundlegend verändert hat. Er verlässt sich nicht mehr auf seine Vernunft.
Nicht, dass er ihr nicht mehr traut, das tut er. Er traut ihr, und sie ist weiterhin
wichtig für ihn, für seine Entscheidungen, für sein Leben. Aber er hängt nicht mehr
so an ihr oder besser, er merkt, er hängt nicht mehr von ihr ab.
Er hat weiter ganz hohe Ansprüche und will seine Talente in dieser Welt für sich, für
andere einsetzen. Aber er baut nicht mehr darauf. Er arbeitet viel und gern und löst
sich doch innerlich davon, weil es ihm sagt, du bist mehr und anderes als deine
Arbeit, mehr und anderes als deine Vernunft, deine Rage, dein Willen und dein
Engagement.
Es ist, als würde das, was ihn bisher ausgemacht hat, sozusagen in eine zweite
Reihe treten, einen Schritt zurück. Das bleibt ihm lieb und wertvoll, aber es ist eben
nicht mehr das Letzte. Als gäbe es drumherum noch eine andere wie unsichtbare
Sphäre, um das Hier und Jetzt herum noch mal viel mehr als das, was er greifen und
machen und bestimmen kann.
Und Paul ist ganz fasziniert von diesem Wort verlassen, weil das mehrere Ebenen
hat. Er verlässt sich. Er lässt sich ein ganzes Stück los.
Er lässt seine Vernunft los, im Letzten. Auch seinen Stolz, dieses alles richtig und
gut machen wollen oder auch müssen, verlässt er. Er verlässt seine
Selbstbezogenheit. Er verlässt sich und findet – innere Ruhe. Frieden.
Wenn es so ist, dann ist die seelische Leere nicht mehr da und stattdessen so etwas,
dass er wie ein Grundvertrauen beschreiben würde, eine Zuversicht. Dann sagt eine
innere Stimme in ihm: Mag es sein, wie es will. Ich habe meinen Teil getan, mit all
meiner Kraft und meiner Vernunft, mit meiner Verantwortung, mit meiner Lust und
meinem Mut und jetzt lasse ich es los. Mag es gehen, wie es will. Ein inneres
Freiwerden von übersteigertem Druck.
Gelassen. Da freut er sich! Gelassen und verlassen, das hängt vielleicht nicht nur
sprachlich, sondern auch innerlich zusammen. Wenn Paul sich verlässt, merkt er,
wie er gelassen wird. So eine Grundheiterkeit in ihm Einzug hält. Manchmal
schnappt das Alte noch nach ihm, dieses alte Leben oder dieses alte Muster. Dieses
Verbissene, alles selbst machen, denken, verantworten Müssen. Und er gibt seine
Entdeckung nicht mehr her. Seinen Freundinnen und Freunden hat er einen Brief
geschrieben. Zu einem Zeitpunkt, als die äußeren Umstände für ihn alles andere als
komfortabel waren.
Und doch ist auch angesichts dieser äußeren Umstände seine innere Zuversicht und
Heiterkeit geblieben. Davon zeugen seine Worte. Und ein Satz aus diesem Brief
leuchtet wie eine Perle durch die Zeiten und Räume.
Leuchtet wie eine Perle Pauls an seine Freundinnen und Freunde und leuchtet,
glaube ich, bis zu uns. Er schreibt: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
PREDIGTPREIS MÄNNER
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
„höher als alle Vernunft“ – Männer im Vertrauen
Predigt zu Phil 4,7
von Johanna Eggers
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus. Amen!“, tönt es von der Kanzel. Erlösung, kollektives Aufatmen und
Rascheln - die Predigt ist vorbei. Nur einer sitzt stumm da und starrt ins Leere
während er die Bomben hört, die in Israel und Gaza fallen und die Panzer die in der
Ukraine über den knackenden Waldboden rollen. Das erste Mal in seinem Leben
möchte er den so oft gehörten Worten widersprechen, einfach aufstehen und rufen:
„Da ist kein Frieden auf der Welt! Wo ist er, der Friede Gottes?“ Immer öfter hat er das
Gefühl, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Erst die Corona-Jahre, dann Kriege
und Hass, die in der Welt und auch in Deutschland aufflammen, Inflation und
irgendwo dazwischen die Klimakrise. Alles unfassbar, unbegreiflich und vor allem
unvernünftig. Er kann und will nicht verstehen, wie Menschen wider besseres
Wissen egoistisch handeln ohne die Konsequenzen für alle im Blick zu haben, wie
sie aus Hass anfangen Molotowcocktails auf Synagogen in Berlin zu werfen. All das
überfordert ihn. Und dann noch der Alltag: Das Geld, das er und seine Frau
verdienen, bringt ihn und die Familie immer knapper über die Runden und es ist
nicht mehr viel Spielraum da, um den Kindern mal etwas außer der Reihe zu
finanzieren. Die Schulbücher fürs neue Jahr waren bereits teuer. Er macht
Überstunden, wenn er kann, um einen größeren Puffer am Ende des Monats zu
haben, gleichzeitig schämt er sich, weil das heißt, dass er auch weniger Zeit mit den
Kindern verbringen kann, geschweige denn mit seiner Frau. Die gemeinsame
Quality-Time fällt oft hinten runter, da die Kinder und der Haushalt Priorität haben.
Und so bestreitet er jeden Tag seinen Kampf an der Alltagsfront und hat den
Glauben an einen Sieg fast aufgegeben.
„Und der Friede Gottes der höher ist als alle Vernunft bewahre eure Herzen und Sinne in
Christus Jesus. Amen!“, tönt es von der Kanzel. Erlösung, kollektives Aufatmen und
Rascheln die Predigt ist vorbei. Er sitzt da, friedlich mit einem Lächeln auf den
Lippen und einer weitoffenen Herzenstür, während er all die guten Worte in sein
Herz fallen hört: „Du bist geliebt mit deinen Ecken und Kanten und allem was schief
läuft.“ „Da hört dir jemand zu, wenn du das Gefühl hast, dass deine Welt aus den Fugen
gerät.“ „Da bewahrt jemand dein Herz und deine Sinne und hält sich fest an seiner
Seite.“ Und er möchte nach der Predigt und den sooft gehörten Worten jubeln, weil
er weiß, dass sie ihm Hoffnung und Halt geben. Sein Leben ist nicht nur Friede und
Freude und den Eierkuchen gibt es allerhöchstens mal alle zwei Wochen sonntags
zum Frühstück. Der Verlust seiner Eltern hat ihn aus der Bahn geworfen. Er vermisst
den alten Garten, die Eltern und den mächtigen Birnenbaum. Der Glaube hat ihm
Halt gegeben und eine neue Heimat. Er schaut sich um: Viele bekannte Gesichter:
die Kirchenvorsteherin, die ihm im Spätsommer immer einen Eimer Birnen
vorbeibringt, die Konfirmanden die nur wenig jünger sind als seine Tochter und
Jesus, der vom Kreuz auf ihn herunterblickt. Er gehört zu den bekannten Gesichtern.
Jede Woche ist er im Gottesdienst und schaut immer gleich und immer anders vom
Kreuz auf ihn herab. Manchmal sieht Jesus sehr leidend aus und er kann die
Ohnmacht und die Verzweiflung fast körperlich spüren, in seiner Kirchenbank hier
und auf Golgatha. In anderen Momenten schaut Jesus aber fast friedlich, lächelt auf
ihn herab, ist ihm ganz nah, wie ein vertrauter Freund.
„Und der Friede Gottes der höher ist, als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus. Amen!“, tönt es von der Kanzel. Erlösung, kollektives Aufatmen und
Rascheln die Predigt ist vorbei. Er hängt da und schaut leidend von seinem Kreuz
herab, während er die Bomben hört, die in Israel und Gaza fallen und die Panzer die
in der Ukraine über den knackenden Waldboden rollen. Er schaut vom Kreuz und
lächelt sie milde an, die Gotteskinder in den Reihen 1-14 und auch ganz hinten die
Organistin. Manchmal da springt er runter vom Kreuz und setzt sich neben den
Mann in der vierten Reihe. Jesus fühlt seinen Schmerz fast körperlich, den
Weltschmerz, weil alles aus den Fugen geraten ist. Die Anforderungen, die er
verspürt, weil er niemanden enttäuschen will, weder seine Frau noch seine Kinder.
Er hofft, dass der Mann trotz all dieses Schmerzes weiß, dass er für ihn da ist, dass
er Trost finden kann in seinen Worten. Dass er weiß, dass er hier für ihn am Kreuz
hängt, dass er auf der Kirchenbank sitzt und zuhört, auch wenn man ihn nicht sieht.
Auf der Kirchenbank in Kiew, in Berlin, auf Golgatha, neben mir und neben dir. In
Ewigkeit. Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsre Herzen und
Sinne in Christus Jesus. Amen.
PREDIGTPREIS MÄNNER
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
Viele Männer gehen fast nie in die Kirche. Und in Gottesdiensten sind sie
üblicherweise in der Minderzahl. Die meisten Männer scheinen also nicht so
sehr interessiert, eine Predigt zu hören.
Es gibt Anzeichen, dass gerade Männer eine eher skeptische Haltung zur Kirche
und zu konkreten Gottesdienstformen einnehmen. Das heißt aber noch nicht,
dass sie überhaupt kein Interesse an spirituellem Erleben oder religiösen
Fragen haben. Vielmehr geht es womöglich um die Sprache, den Stil und die
Inhalte einer religiösen Rede, einer Predigt.
Wenn Männer bewusst angesprochen werden, wenn die Themen aus der
Lebenswirklichkeit von Männern stammen und wenn dabei deutlich wird, dass
sie selbst und ihr Leben tatsächlich ernstgenommen werden – und nicht zuletzt
ihre eigene religiöse Kompetenz, dann dürfte eine Predigt auch eher ankommen.
Das ist der Gedanke, der hinter der Ausschreibung eines Predigtwettbewerbs
steht. Aber wie wird das konkret aussehen? Die Initiatoren des PREDIGTPREISES
MÄNNER entschieden sich 2013 zu einem Experiment: Ideen und gute Beispiele
sollten dadurch gesammelt werden, dass viele Menschen eingeladen werden,
ihre Version einer Predigt abzufassen, die insbesondere Männer anspricht.
In einem zweiten Schritt werden diese Predigten von einer Jury sorgsam
besprochen, und drei werden mit Preisen prämiert. Diese drei und weitere
Einsendungen, die interessante Elemente aufweisen, werden dann auf dieser
Website hier veröffentlicht. Vielleicht werden sie dann zu Ideenlieferanten für
viele weitere Predigten.
Die Jury:
Der Jury für die Auswahl und Prämierung der eingereichten Predigten beim
PREDIGTPREIS MÄNNER 2021 stellte gehören an:
•
Silvo Hermann-Elsemüller (ehrenamtl. Landesobmann der Männerarbeit der
Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Groß-Kreutz)
•
Ruth Heß (geschäftsführende Studienleiterin des Studienzentrums für
Genderfragen der EKD), Hannover
•
Kirchenrat Pfr. Dr. Volker A. Lehnert (Ausbildungsdezernent im Kirchenamt
der Ev. Kirche im Rheinland, Düsseldorf)
•
Pfr. Frank Muchlinsky (evangelisch.de, Frankfurt)
•
Martin Rosowski (Geschäftsführer Evangelisches Zentrum Frauen und
Männer gGmbH, Hannover)
•
Pastor Ralf Schlenker (männerforum der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland,
Rostock)
PREDIGTPREIS MÄNNER
Der Männersonntag – traditionell und aktuell
Seit 1946 empfiehlt die Evangelische Kirche in Deutschland, am dritten
Oktobersonntag jeden Jahres einen Gottesdienst zu begehen, der sich in
besonderer Weise an Männer wendet.
Die Männerarbeit der EKD beschließt jeweils ein Jahresthema, das einen Aspekt
aus der Lebenssituation von Männern aufgreift, und das auch für die Feier des
Männergottesdienstes empfohlen wird.
Das Evangelische Zentrum Frauen und Männer, Fachbereich ev. Männer in
Deutschland, gibt dazu jährlich das unter einem jeweiligen Jahresthema
stehende „Werkheft“ heraus. Es bietet inhaltliche Einführungen sowie Materialien
zum Thema, zur Gestaltung von Gottesdiensten, Seminaren und Männer-Treffs.
Männer im Vertrauen
„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
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„höher als alle Vernunft“ (Phil 4,7) –
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wird herausgegeben von:
Evangelisches Zentrum Frauen und Männer gGmbH i. L.
Geschäftsführende: Martin Rosowski, Dr. Eske Wollrad
Berliner Allee 9-11
30175 Hannover
Tel.: 0511.89768.200
Fax: 0511.89768.199
Die Männerarbeit der EKD ist Gesellschafter
des Ev. Zentrums Frauen und Männer gGmbH i. L.
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Vorsitzender: Pfr. Gerd Kiefer)
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entsprechenden Datenschutzniveaus (z.B. für die USA durch das „Privacy Shield“) oder Beachtung offiziell anerkannter spezieller vertraglicher Verpflichtungen (so
genannte „Standardvertragsklauseln“).
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Übermittlung an andere Verantwortliche zu fordern.
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Sie haben das Recht, erteilte Einwilligungen gem. Art. 7 Abs. 3 DSGVO mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen
Widerspruchsrecht
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gegen die Verarbeitung für Zwecke der Direktwerbung erfolgen.
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(Handelsbriefe).
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Konten, Belege, Geschäftspapiere, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, etc.), für 22 Jahre im Zusammenhang mit Grundstücken und für 10 Jahre bei Unterlagen im
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