Die Gewinner des PREDIGTPREISES MÄNNER 2021 sind:
Die Männerarbeit der EKD gratuliert!
Warum gibt es den Predigtpreis? Wer lobt ihn aus,
wer bildet die Jury? Diese Infos gibt es
hier…
Theodor Leonhard
Aus der Predigt:
„Irgendwie entsteht in mir
das Bild, dass ich in einem
abfahrenden Zug sitze. Und
irgendjemand, der etwas
Wichtiges und Gutes zu
sagen hätte, rennt neben
meinem Abteil am Bahnsteig
entlang und ruft mir gegen
den Lärm um uns herum
atemlos noch letzte
Ratschläge und Gedanken zu,
die aber nur Fragment
bleiben können.“
zur Predigt
Aus der Predigt:
„Er macht sich einen Tee,
setzt sich auf den Sessel,
nimmt die Decke, weil er
immer noch fröstelt.
Er greift nach dem
Fotoalbum, das er sich für
den heutigen Tag
zurechtgelegt hat –
nur wenige Bilder sind es.“
zur Predigt
Aus der Predigt:
„Jeden Samstagabend, wenn
es ihm möglich war, war er
auf seiner Gebetskanzel,
mitten im Wald und hat
gebetet.
Danke.
Das hat er eigentlich nicht
gesagt, darf man auch nicht
unbedingt, wenn man beim
Beten auf Ansitz ist, als Jäger.
Das hat er oft nicht mal
gedacht. Er hat eigentlich
gar nichts gedacht.“
zur Predigt
Laudatio
Laudatio
Laudatio
Bettina von Kienle
Pfarrerin, Matthäusgemeinde Villingen, Klinikseelsorgerin, Humortrainerin, Trauerbegleiterin, Jg. 1962, Villingen-Schwenningen
3
Herbert Sperber
Pfarrer, Ev.-ref. Kirchengemeinde Marienheim, Jg. 1963, Neuburg an der Donau
2
Christoph Maser
Pfarrer, Ev.-luth. Kirchengemeinde Auferstehungskirche, Jg. 1980, Bayreuth
1
![Laudatio auf die Predigt von Bettina von Kienle zu Kol 4,5 (Martin Rosowsk)i Es gibt so vieles, womit sich „das Beste aus der Zeit machen“ ließe. Mit was man sich die Lebenszeit so erfüllen könnte. Bettina von Kienle hat den Bibelvers des Predigtthemas en wenig anders übersetzt: „Kostet die Zeit aus“. Kosten, das klingt nach schmecken, nach genießen. Das Wort „kostbar“ wird im Text zu einem durchgängigen Stilmittel und fächert unversehens eine ganze Spannbreite an Bedeutungen aus. Bettina von Kienle hat sich überzeugend an die Perspektive eines Mannes gewagt. Ein Mann – einer der Entscheidungen trifft und vor allem, der sie auch umsetzt. Der weiß, was er will. Das gilt ganz sicher als Merkmal eines Lebensentwurfs, wie er landläufig als männlich verstanden wird. Der in diesem Falle aber auch zweierlei mehr repräsentiert: Dieser Mann weiß zum einen, das Leben zu genießen, und zum anderen, es auf das ihm Mögliche zu beschränken. Sein besonderer Lebensraum und Lebenstraum ist die „KOSTBAR“, ein Restaurant. „Klein, aber fein. Das, was er selbst auch mag“, formuliert es von Kienle. Damit ist die Person blitzschnell charakterisiert, und in dieser Pointierung wird auch der Text selbst nachgerade zu einem Spiegel des hier ausgebreiteten Lebensbildes. Knapp und prägnant ist der Text, der kaum eine klassische Predigt darstellt. Nirgends wird Gott erwähnt, und doch stehen alle Worte, vom Ende betrachtet, bereits im Licht letzter Dinge. Am Anfang weiß man das nicht und ist dann – bei aller Spannung, worum es hier wohl gehen mag – doch kaum überrascht über den Verlauf der Geschichte und seine stringente Konsequenz. „Kostet die Zeit aus“ erinnert an die alte Luther-Übersetzung von Ps 90,10): „Wenn’s köstlich gewesen ist, […] so ist es Mühe und Arbeit gewesen“. Köstliche Arbeit, wie in der KOSTBAR des Predigt-Protagonisten. Auf solche Weise tut dieser Mann das, was ihm im Leben aufgetragen ist. Sogar den ganz besonderen Tee bereitet er so vor, bis er „perfekt“ ist. Er ist vollendet auf seine Art, weil er dem namenlosen Mann sowohl eine endgültige Grenze setzt als auch zum letzten Mittel seiner geliebten Selbstbestimmung wird, mit der er diese Grenze dann überschreiten will. Der Feierabend, der kostbare, fällt nun mit dem Lebensende zusammen. Zeit, noch einmal in die Bücher zu schauen: nicht die Bilanzen, sondern das Fotoalbum des Lebens. Mit feinem Strich wird dabei die Lebensgeschichte dieses Mannes skizziert, und dort treten, wie nebenher, die Brüche zu Tage. Obwohl kaum eine Emotion geschildert wird, durchdringt eine Wehmut diese Szene, wenn die Erinnerung an Beziehungen aufgerufen wird, die seltsam fern erscheinen und offenbar durchaus auch unerfüllt blieben. Angesichts des Endes wird es schmerzlich bewusst, dass da nichts mehr kommt. Und diese Erinnerungen sind wichtig – aber letztlich auch zu viel. Es ist ja nichts zu machen. Der Mann legt das Album weg. Um nach vorne zu schauen. Er ist allein in diesem Moment. Wo sind die Menschen aus dem Lebensalbum? Warum kann er sie nicht an seinem letzten Stückchen Leben teilnehmen lassen? Was hält ihn zurück? Sind sie so, die Männer? Wirklich, einsame Wölfe? Bettina von Kienle schrieb zur Einreichung ihrer Predigt: „Es geht darin um eine wahre Geschichte.“ Also sind manche tatsächlich so. Und: „Ich fürchte, das ist nicht unbedingt das, was Sie hören möchten.“ – Nein, möglicherweise nicht. Aber der präzise, kompakt durchkomponierte, ergreifende Text, den wollte die Jury durchaus hören bzw. lesen, und prämiert ihn ausgesprochen gerne.](index_htm_files/4217.png)
