Nährend Vater sein Worum es beim Essen geht Essen macht Spaß. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Mütter allein für die Versorgung mit Nahrung zuständig waren. Und der Vater im höchsten Notfall mal eine Dose Ravioli heiß machen konnte. Das Klischee bleibt uns freilich, wie es die Art von Vorurteilen ist, erhalten, aber es ist zahnlos geworden. Trotzdem kommt einem beim Thema „Kinder nähren“ wie von selbst zuerst das mütterliche Umsorgen vors innere Auge. Wer allerdings, wie es für Väter heute eigentlich selbstverständlich ist, mit Kindern den Alltag teilt, der schmiert ihnen auch Brote, stattet sie mit der Pausenmahlzeit aus, kauft für sie Lebensmittel ein, kocht und backt mit ihnen. Das geht schon mit dem Fläschchen und dem ersten Brei los und baut sich wie von selber aus. Essen ist eine alltägliche Selbstverständlichkeit aber da geschieht noch viel mehr. Essen stillt ein basales Grundbedürfnis. Wer ein Kind füttert bzw. ihm Essen gibt, hält es buchstäblich am Leben und nährt sein Vertrauen ins Leben und in die eigene Person. Dabei und bei der gemeinsamen Mahlzeit entsteht Gemeinschaft. Wer zusammen isst, gehört zusammen. Über den fundamentalen Akt des Essens bildet sich daher eine ganze Kultur aus. Es ist ja schließlich eine Leistung, dafür Regeln aufzustellen und einzuhalten. Zum Beispiel, damit keiner dem anderen alles weg isst, damit gerecht ge- und verteilt wird (oder dem sozialem Status entsprechend). Damit es allen möglichst schmeckt und die Nahrungsmittel hoffentlich gut und gesund sind jeweils für Erwachsene und Kinder, Junge und Alte. Damit man weiß, wann Anfang und Ende des Geschehens ist. Wo einer herkommt aus welcher Gegend der Welt, aus welcher Bevölkerungsgruppe, arm oder reich, mit welchen Vorlieben und Manieren usw., spielt eine Rolle. „Die Küche“ eines Landes, eines Ortes oder gar eines einzelnen Haushalts kann sich aufs Feinste zuspitzen und dennoch Zusammenhalt erzeugen. Männer essen anders (?) Das prägt die Persönlichkeit eines einzelnen Menschen. Was wer wie wo wann mit wem isst, folgt nicht einfach persönlichen Vorlieben. Es wird vermittelt. Und es wirkt sich psychologisch aus. Denn es trägt zur Herausbildung der Identität bei. Frauen wird generell die Neigung zu leichter, gesundheitsbewusster Kost wie Salaten, Obst und Gemüse zugewiesen. Sowie der Hang zu Süßem. Männer brauchen ihrem Image gemäß deftige Speisen, am besten gebraten und stark gewürzt. Auch wenn sie heutzutage weder jagen noch körperlich schwer schuften müssen (was übrigens keinen Fett- und Fleischverzehr begründet). Auch wenn man solche Stereotype überwinden möchte, lassen sie sich nicht einfach vom (Ess-) Tisch wischen. Man muss mit ihnen umgehen. Ebenso verhält es sich mit der Hintergrundfolie, dass die Ernährung von Kindern etwas „Mütterliches“ hat. Wenn Väter sich darum kümmern, haftet dem meist der Beiklang von Ausnahme und Besonderheit an. Es kommt als Event daher, beim Grill-Abend oder beim kreativen Experimentieren mit Lebensmitteln. Oder wenn zusammen gebacken wird, was ja nicht alltäglich gemacht wird. Väter-Kinder-Events So erklärt sich vielleicht auch, dass Koch- und Back-Kursen für Väter und Kinder in der Familienbildung so beliebt sind. Es geht da nicht um die notwendige Zufuhr von Kalorien und Spurenelementen, sondern um Spaß und gemeinsames Erlebnis. Der Reiz für die Väter dürfte dabei aber auch sein, eine neue Funktion zu gewinnen: als „nährender Vater“. Im klassischen „Familienernährer“ steckt das zwar schon drin, aber mit einer ganz anderen Bedeutung. Das Essen wird quasi angeschafft. Es ganz konkret in die Hand zu nehmen, zuzubereiten und hinzustellen ist aber viel näher dran, schafft unmittelbaren Kontakt. Es geht direkt in das Erleben, in die Beziehung und leibhaftig in die Körper ein. Das Nähren sorgt für Wachstum und Wohlbefinden. Der Effekt ist direkt erlebbar. Vorausgesetzt, es geschieht aufmerksam und bewusst. Mit Lebensmitteln umzugehen, bringt automatisch mit sich, sich um deren Herkunft und Zusammenstellung Gedanken zu machen. Es kann dabei um Sättigung, um Spaß oder auch um Gesundheit gehen, im weiteren aber auch um Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit bei Produktion und Handel. Und, wie erwähnt, im Reichen von Speisen werden auch kulturelle Werte weitergegeben. „Warum gibst du mir gerade das?“, mag eine Frage von Kinderseite sein. Darauf muss man dann eine Antwort finden: „Weil ich es selbst immer gerne gegessen habe. Weil du es gut brauchen kannst, es gesund ist, und zwar weil…“ Natürlich ist auch Erziehung gleich mit im Spiel: Werthaltiges anbieten und unter Umständen geschickt schmackhaft machen und Nein sagen, wenn das Süße oder Fette zu sehr lockt, das erfordert schon eine gewisse Konsequenz und Stresstoleranz. Gerade, wenn man ja sehr möchte, dass die Kinder Freude dabei haben. Sich als „nährender Vater“ zu erleben, ist möglicherweise für Männer also etwas Besonderes. Im besten Falle kann es einen Mann dazu anregen, seine Vaterrolle zu bereichern. Denn letztlich geht das Ernähren ja eben weit über das Essengeben hinaus. Was ist nährend? Das gemeinsame Mahl birgt möglicherweise immer schon auch eine spirituelle Bedeutung. Der Verzehr von Fleisch gehört historisch an die Opfer- und Kultstätten der Menschheit. Unter anderem wurde damit auch das Verhältnis zum Tier austariert, das sein Leben lassen musste, um Leben zu erhalten. Aber auch pflanzliche Nahrungsmittel, Getreide, Öl, Wein wurden einbezogen, wenn sie den Gottheiten zu deren Genuss dargebracht wurden, als Dank. Speisevorschriften und -empfehlungen lassen sich überall in den Religionen finden. Ein Bewusstsein des Bedürfnisses, geistlich genährt zu werden, tritt hier zutage. Das höchste Ritual des Christentums ist die Gemeinschaft im Abendmahl. Jesus bezeichnet sich im Johannesevangelium als das Brot, das lebendig macht (Johannes 6, 35). Gott ist die „Quelle lebendigen Wassers“. Und auch der himmlische nährende Vater taucht auf: Etwa in der Bergpredigt, wo es gleichnishaft von den sorglosen Vögeln heißt: „und euer himmlischer Vater ernährt sie doch“ (Matthäus 6,26). Dem entspricht die Haltung menschlicher Väter: „Wo ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn, wenn der ihn um einen Fisch bittet, eine Schlange für den Fisch biete? Oder der ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion dafür biete? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!“ (Lukas 11,11-13) Wenn ein Vater sein Kind nährt, geht das also weit über eine Haushaltstätigkeit hinaus. Darin drückt sich ein umfassendes Sorgen für die Bejahung und Stärkung seines Kindes aus, vom Baby bis ins Erwachsenenleben. Im besten Sinne macht der Vater seinem Kind das Leben schmackhaft. Er wird umgehend belohnt mit einer Beziehung, die ihn auch selbst lebendig werden lässt.