Praxishandbuch
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Formate von Vater-Kind-Arbeit
Wenn die Bedingungen von Beruf und Erwerbsarbeit die Möglichkeiten einengen,
die eigene Vaterschaft aktiv zu gestalten, brauchen Väter Unterstützung durch
begleitende Angebote und qualifizierte Erfahrungs- und Erlebnisräume mit ihren
Kindern. Der alleinige Verweis auf gesetzliche Möglichkeiten hilft oft nicht weiter,
wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen.
Die Teilnahme an kontinuierlichen und verlässlichen Vater-Kind-Angeboten ist für
viele Väter ein Kompromiss, um angesichts der unvermeidlichen Ansprüche der
Berufswelt dem Wunsch nach aktiver Vaterschaft zumindest ansatzweise näher
zu kommen. Die zunehmend wachsenden Teilnehmerzahlen an solchen
Angeboten sowie die Aussagen der teilnehmenden Väter bestätigen dies.
Es gibt eine Reihe verschiedener "Formate" bei den Veranstaltungen für Väter und
ihre Kinder. Die unterschiedlichen Angebote unterscheiden sich im Wesentlichen in
•
ihrer Dauer,
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in den vorbereiteten Inhalten,
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in der Intensität an Erlebnissen und Austausch,
•
in den Beteiligungsmöglichkeiten der Väter bei der Entstehung und
Gestaltung
•
im konzeptionellen Ansatz, den gemeinsam erlebten Prozess mit den
Kindern in besonderen Väterrunden kreativ zu reflektieren und
Alltagsbezüge herzustellen.
Folgende beispielhaft aufgeführte Angebote haben sich in den letzten Jahren in
den Arbeitsfeldern der Männerarbeit sehr bewährt.
1.
Vater-Kind-Tage
Vom Morgen an bis zum Abend eines Tages können sich Väter mit ihren Kindern
kreativ mit einem vorbereiteten Thema auseinandersetzen. Solche Themen sind
z. B. "Indianer", "Piraten", "Natur entdecken", "Miteinander und Gegeneinander"
usw.
Väter und Kinder können sich dabei bei unterschiedlichen Aktivitäten näher
kommen. Das Gemeinschaftserlebnis bildet dabei eine zusätzliche Qualität. Einen
gemeinsamen Tag aktiv miteinander zu verbringen - diese Aussicht ist ein
wesentliches, weil niedrigschwelliges und attraktives Kriterium für den Erfolg von
Tagesveranstaltungen. Varianten dieser Vater-Kind-Tage finden sich auch in
gemeinsamen Ausflügen zu besonderen Orten, die für Väter und Kinder
interessant sind. Der Austausch über Motive und Ziele sowie die konkrete Planung
finden an einem oder zwei organisierten Vorbereitungstreffen mit den Vätern statt.
Eine besondere Form eines solchen Vater-Kind-Tages ist die Gestaltung eines
Vater-Kind-Festivals.
2.
Vater-Kind-Nächte
Väter und Kinder erleben entweder an einem fremden Ort wie z.B. in einer
Tagungsstätte oder auf einem Zeltplatz oder unmittelbar in oder auf dem Gelände
der Kindertageseinrichtung (z.B. in Zelten) eine abenteuerliche Nacht. Ein
erlebnisreiches, zusammen mit den Vätern gestaltetes Programm mit ruhigen und
bewegten Anteilen trägt zur Intensivierung des Kontaktes zwischen Vätern und
Kindern bei. Der Austausch der Väter untereinander, wenn die Kinder schlafen, ist
ein wichtiger integraler Bestandteil.
3.
Vater-Kind-Wochenenden
Väter verbringen mit ihren Kindern ein gemeinsames Wochenende in einer
Tagungsstätte. Die Wochenenden werden im Rahmen von zwei Vortreffen
gemeinsam mit den Vätern geplant. Ein Nachtreffen rundet die "Vätergruppe auf
Zeit" ab. Väterrunden im Rahmen des Seminars auf Grundlage der
Familienbildung haben einen festen Platz. Fasst man zeitlich die Planung, die
Durchführung und die Nachbereitung zusammen, so ergeben sich viele Ansätze
mit den Vätern über ihr Vatersein ins Gespräch zu kommen. Im Bereich der
Evangelischen Kirchen von Westfalen und im Rheinland finden inzwischen jährlich
ca. 100 solcher Seminare z.B. in Kooperation mit Kirchengemeinden,
Familienzentren, Kindertageseinrichtungen usw. statt. In anderen Landeskirchen
werden die Vater-Kind-Wochenenden öfters unabhängig von Familienbildung und
Kitas angeboten.
4.
Erlebnispädagogische Vater-Kind-Wochen oder Wochenenden
Es ist für Väter und Kinder eine aufregende Sache, mit anderen, meist
unbekannten Vätern und Kindern eine Woche oder ein Wochenende in einem
Kanu oder auf einem Schiff unterwegs zu sein.. Diese Angebote richten sich in der
Regel an etwas ältere Kinder (ab 10 Jahren). Das Ijsselmeer und viele geeignete
Flüsse in Deutschland stehen als Erfahrungsräume zur Verfügung. Die
gemeinsame Gestaltung des Tages und die Bewältigung der sich stellenden
Aufgaben in einem fremden Lebensumfeld verdichten die Beziehung zwischen den
beteiligten Vätern und Kindern. Neben den Segel- und Kanuangeboten sind auch
Kletterwochenenden sehr gefragt. Neben den Erlebnisinhalten ist insbesondere
der Austausch über das Erlebte und die neu gewonnenen Erfahrungen im
Miteinander Herausforderung und Gewinn zugleich.
(Jürgen Haas, Vater-Kind-Agentur NRW,
Männerarbeit im Institut für Kirche und Gesellschaft
der Ev. Kirche in Westfalen)