Gottesdienst zu Himmelfahrt am 01. Mai 2008 von Pfr. Carsten Schulze, Frankenthal
Der Himmelfahrtgottesdienst hat im Jahr 2008 für mich eine dreifache Zugangsmöglichkeit: Komme ich von der Arbeit mit dem DGB, so nehme ich ihn wahr als Tag der Arbeit, der unter dem Motto steht: „Gute Arbeit muss drin sein“. Damit beschäftige ich mich mit der Arbeitsmarktsituation und den derzeitig häufigen Unsicherheiten im beruflichen Bereich, die die Gründung von Familien m. E. erschweren. Komme ich von der väterlichen Rolle her und begehe ihn als Vatertag, dann kann ich das Motto der Männerarbeit der EKD hören: „Papa, kommst du?“ Und das Verhältnis von Familie und Beruf in den Blick nehmen. Komme ich rein von der kirchlichen Wahrnehmung her, dann höre ich die Botschaft von der Himmelfahrt Christi, in diesem Jahr (6. Predigtreihe) mit dem Bibeltext:
Eph 1, 20b – 23: (20b) Durch sie (die Macht der Stärke Gottes) hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel (21) über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. (22) Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, (23) welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.
Ich glaube, wir müssen an Himmelfahrt verschiedene Zugänge zulassen, um gehört und ernst genommen zu werden. Wichtig erscheint mir ebenso, den Weltbezug kirchlicher Predigt immer wieder neu zu versuchen. So möchte ich versuchen einen Gottesdienstvorschlag zu machen, der verschiedene Zugänge ermöglichen möchte. Ob es mir gelungen ist, bleibt Ihrem eigenen Urteil überlassen. Es ist ein Vorschlag, den sie nach Belieben umbauen oder nur als Steinbruch verwenden können.
„Angelus Silesius hat für das Fest Christi Himmelfahrt den schönen Vers gedichtet: ‚Halt an, wo läufst du hin. Der Himmel ist in dir. Suchst du ihn anderswo, du fehlst ihn für und für.’ Als Jesus vor den Augen der Jünger in den Himmel emporgehoben, schauten die Jünger ihm nach. Doch die beiden Engel sprachen sie an: ’Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.’ (Apg. 1, 11) Wir sollen also nicht nach oben schauen, sondern in uns hinein. Dort wohnt Jesus in uns. Und dort wo Jesus in uns ist, dort ist der Himmel.“ So eröffnet Anselm Grün seinen Beitrag zum Himmelfahrtstag. (Anselm Grün: 50 Rituale für das Leben, Freiburg im Breisgau 2008, S. 83)
Gottesdienst:
Präludium: Begrüßung: Ich begrüße Euch und Sie ganz herzlich zum Gottesdienst an Christi Himmelfahrt. Es soll ein Gottesdienst sein, der uns zueinander, der uns miteinander in Kontakt bringen will. Jesus Christus lenkt den Blick von sich weg auf unsere Mitmenschen, auf unsere Gemeinschaft untereinander. So lasst uns miteinander feiern.
Eingangslied: Aus den Dörfern und aus Städten, von ganz nah und auch von fern, Refrain: Eingeladen zum Fest des Glaubens (Text: Eugen Eckert, Melodie: Alejandro Veciana, Strube Verlag)
Votum: Wir haben uns hier zusammengefunden um uns zu besinnen auf Gott, die Quelle unseres Lebens. In der Nachfolge Jesu wollen wir gemeinsam Schritte auf dem Weg in ein gerechtes friedvolles Miteinander gehen. Unsere Gemeinschaft auf diesem Weg möge gestärkt werden durch die Kraft Heiligen Geistes. (Verena Janzen in: Feministische Predigtreihe, hrsg. von Sabine Bäuerle und Elisabeth Müller, Frankfurt/Berlin 1995-1996, S. 284)
Psalm: Zu Psalm 47 (In einer traditionellen Gemeinde sollte man den 47 Psalm beten, sollten jedoch kirchenferne Menschen dominieren, könnte diese moderne Übertragung eine gute Alternative darstellen)
Ihr Völker und Erdteile ihr Religionen, Traditionen und Überzeugungen, euch kann ein Freudenton verbinden, ein Applaus der Welt für Gott. Ein Gottesfest lasst uns feiern, denn wie der Äther des Himmels, so umgibt Gottes Gegenwart die Erde. Gott ist der ganzen Erde gute Lebensmacht, singt ihr ein Freudenlied. Gott ist aller Menschen gute Lebensmacht, begegnet ihr mit Achtung und Bescheidenheit. Amen (Annette Armbrüster, Wolfgang Armbrüster in: Domay, Erhard, Köhler, Hanne: Der Gottesdienst. Liturgische Texte in gerechter Sprache. Güterloh, Band 3: Die Psalmen.)
Gebet: Gott, wir sind gekommen, um vor dir und mit dir unsere Welt anzuschauen, um besser zu erkennen, was du von uns willst, damit unser Leben besser gelingt. Wir wissen um Kriege, Zerstörung, um Hunger, Krankheit, Armut auf dieser Erde, unserer Welt. Wir erfahren dabei auch unsere Ohnmacht. Wir erleben aber auch Formen der Gewalt, der Ungerechtigkeit, der Unterdrückung hier bei uns und nehmen häufig selbst daran teil – und sei es nur aus Gedankenlosigkeit, Feigheit oder Bequemlichkeit –. Und doch steckt in uns allen einen tiefe Sehnsucht, nach »Deinem Himmel« hier auf Erden. Amen (Marliese Platzöder in: Beratungsstelle für Gestaltung, Gottesdienste und Feiern im Schuljahr, Materialheft 74, Frankfurt/M. 1995, S. 175)
Lied: Da ist ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir … (Text: Eugen Eckert; Melodie: Anne Quigley, Strube Verlag München-Berlin)
Lesung: Apg 1, 3 – 11 Nach der Lesung könnte eine Umfrage unter den Anwesenden stattfinden zum Thema: Einfach himmlisch … Wo empfinde ich so etwas wie Himmel auf der Erde?
Lied: Weißt du, wo der Himmel ist, außen oder innen, eine Handbreit rechts und links, und du bist mitten drinnen.
Predigt zum Text: Eph 1, 20b – 23:
Sind Kinder anwesend, dann lade ich sie in den Seitenraum unserer Kirche ein, wo sie mit Betreuern aus der Jugendgruppe Bilder von „himmlischen Ereignissen“ in ihrem Leben malen können. Einige davon werden nach der Predigt von Kindern präsentiert und kommentiert.
(20b) Durch sie (die Macht der Stärke Gottes) hat er ihn (Jesus Christus) von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel (21) über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat, nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen. (22) Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, (23) welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.
Liebe Gemeinde,
„Gute Arbeit muss drin sein“ ist das Motto der Gewerkschaften für den 01. Mai 2008. Gute Arbeit, das ist heute keine Selbstverständlichkeit und viele, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, wären froh, wenigstens im Ansatz in die Nähe guter Arbeit zu kommen.
Aber auch die, die in „guter Arbeit“ sind, sind nicht mehr so frei, erleben eine enorme Arbeitsverdichtung. Zeit für die Familie bleibt da oft nicht mehr. Viele Väter und Mütter haben heute schon mal einen Zweitjob, um überhaupt das Einkommen der Familie zu sichern. Wenn dann das Kind mal von zuhause anruft und fragt: „Papa, kommst du?“ dann geraten die Männer schon mal ganz schön in Schwierigkeiten. Viele Väter wollen mehr für ihre Kinder da sein, wollen an ihrer Erziehung und Entwicklung aktiv teilhaben, können aber nicht, weil die äußeren Gegebenheiten ihnen die Möglichkeiten nicht bieten. Von einer Herrschaft Jesu ist für diese Männer oft nichts zu spüren, eher von einer Herrschaft der Umstände, des Gruppendrucks, der Firmenphilosophie.
Was also wäre „gute Arbeit“ aus Sicht solcher Männer? Gute Arbeit bietet genug Bezahlung, um nicht noch in einem zweiten oder gar dritten Nebenjob arbeiten zu müssen, nur damit die Familie genug zu essen hat. Gute Arbeit lässt auch mal zu, dass man das Fußballspiel oder die Theateraufführung der Kinder besuchen kann, ohne ständig den Arbeitgeber im Nacken zu haben. Gute Arbeit basiert auf Vertrauen von beiden Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gute Arbeit bietet Sicherheit, so dass man nicht ständig darum bangen muss. Dann kann das Motto der Männerarbeit der EKD verwirklicht werden und die Frage „Papa, kommst du?“ auch bejaht werden.
Wenn wir unseren Predigttext aus dem Epheserbrief ernst nehmen wollen, und davon ausgehen, dass Jesus Christus als Herrscher über dieser Welt steht, müssten wir uns dann nicht an seinem Handeln und Wirken messen lassen?
Können wir dann nicht als Christinnen und Christen auf der Seite der Schwachen stehen und die Interessen der „Kleinen“ sehen? Sind wir, als sein Leib, nicht aufgerufen, Zeugen des Himmels hier auf Erden zu werden, jeden Tag?
Jesus Christus wollte, dass jeder und jede von uns ein gutes Leben führen kann. Er hat Unrecht angesprochen, wie die Propheten vor ihm. Er hat das wenige Geld, das eine arme Witwe spendete höher geschätzt, als die Gabe des Reichen. Er hat die, die andere ausbeuteten und davon lebten, angesprochen und hat mit seiner Person für seine Aussagen eingestanden und einen neuen Lebensstil eingefordert.
Nach seiner Himmelfahrt sind jetzt wir gerufen, seinem Beispiel zu folgen. Er hat uns den Weg zum Anderen gewiesen, wir können diesen Weg jetzt gehen.Wir als christliche Gemeinden sollten für Jesu Lebensstil einstehen und einen neuen Lebensstil für die Gesellschaft immer wieder anmahnen. Damit stehen wir nicht allein.
Wenn der DGB mit dem Slogan auf die Straße geht: „Gute Arbeit muss drin sein“, dann wollen die Mitglieder ein Stück Gerechtigkeit in diese Welt bringen. Wenn unsere Kinder fragen, ob wir Zeit für sie haben, dann brauchen wir einen neuen Lebensstil für die Arbeitswelt. Einen, der die Familien und ihre Bedürfnisse nach Nähe und Fürsorge in den Blick nimmt. Einen, der nicht mehr den ewig arbeitenden Vater sieht, sondern auch den erziehenden Vater.
Wenn die Männerarbeit der EKD die Gemeinschaft von Vätern und ihren Kindern immer neu betont, und die Kinder nach ihren Väter fragen lässt: „Papa, kommst du“, dann wollen wir familiäre Gemeinschaft neu stärken. Dann kommt es uns Christen darauf an, „gute Arbeit“ möglich zu machen, die den Bedürfnissen der Menschen und nicht den nur Bedingungen des Marktes gerecht wird. Denn der Markt soll den Menschen dienen, nicht die Menschen dem Markt.
Gerechtigkeit ist kein fertiger Zustand, Gerechtigkeit ist ein Weg. Das Alte Testament spricht von Menschen, die auf dem Weg der Gerechtigkeit gehen, die dabei um die Gerechtigkeit Gottes in der Welt ringen und sie immer wieder neu einfordern. Es geht also darum, sich immer neu auf den Weg zu machen und Gerechtigkeit einzufordern, wo sie nicht mehr gelebt wird.
Leben unter der Herrschaft Jesu Christi heißt dann: Immer auf der Seite der Schwachen und Kleinen Gerechtigkeit einfordern, ansprechen wo Unrecht geschieht, deutlich Partei zu ergreifen für die Liebe, selbst dort, wo Liebe nicht möglich ist. Einen neuen Lebensstil vorleben und dafür einstehen.
Jesus Christus will Leben in Fülle, das ist sein neuer Lebensstil. Dieser Lebensstil heißt aber nicht einfach mal eben überleben. Leben in Fülle meint ein gutes, erfülltes Leben. Für Viele von uns, muss da „gute Arbeit drin sein“ und Zeit für die Familie und ein Blick auf die Kleinen, und noch viel mehr, das unser Leben weit macht und so eine Ahnung von Himmel hier auf Erden ermöglicht.
Amen
Lied: “Da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns …”
Die Kinder kommen wieder zurück und einige Mutige stellen ihre Bilder vor. Die restlichen Himmelbilder werden an einer Wäscheleine an einer der Kirchenwände mit Wäscheklammern aufgehängt, damit sie nach dem Gottesdienst angeschaut werden können.
Fürbitten:
Großer Gott, vor dir denken wir an die zwischen vielen Orten zerrissenen Familien, ständig unterwegs zur Arbeit, zur Schule, zum Einkauf, zum Kindergarten, zu Bekannten, zum Sport. Wie viel verschwendete Zeit und Energie liegt in den Wegen. Wo sind sie wirklich zu Hause? Weil wir hoffen, dass Du Wege aus der Zerrissenheit weist, singen wir gemeinsam: EG EKHN 592 „Du Gott stützt mich“
Großer Gott, Vor dir denken wir an die Unterschiede unter uns: überarbeitet – arbeitslos, Single – Familie mit Kindern, Männer – Frauen, auf Kontaktsuche – ruhebedürftig... Wie wenig wir voneinander wissen, wie selten wir unsere eigenen Kreise verlassen ... Weil wir hoffen, dass Du uns Wege zueinander weist, singen wir gemeinsam: EG EKHN 592 „Du Gott stützt mich“
Gott, unsere Zuflucht! Vor dir denken wir an die vielen Bereiche, die unsere Aufmerksamkeit verlangen. Die einen locken uns in die große Politik, die anderen wollen hier vor Ort etwas verändern. Überall fehlen Frauen und Männer, die eine klares Wort sprechen und tun. Der Berg der Aufgaben verschlägt uns oft die Sprache. Weil wir hoffen, dass Du uns Wege aus der Resignation weist, singen wir gemeinsam: EG EKHN 592 „Du Gott stützt mich“
Großer Gott, vor dir denken wir an die Männer und Frauen, die sich nach „guter Arbeit“ sehnen, die sich gefangen finden in den Ansprüchen, die an sie gestellt werden. Wir denken an die Kinder, die sich nach mehr Zeit mit ihren Vätern und Müttern sehnen, die oft den ganzen Tag alleine bestehen. Weil wir hoffen, dass du mit uns Wege zur Gemeinschaft gehst, singen wir gemeinsam: EG EKHN 592 „Du Gott stützt mich“
Gott, sei uns nahe, bringe deinen Himmel in unsere Herzen, dass wir die Boten des Himmels hier auf Erden werden. (nach Hanne Köhler in: Beratungsstelle für Gestaltung, »Durch Umkehr und Ruhe werdet ihr gerettet ...« Jesaja 30,15 Buß- und Bettag 1995, Hefte Nr. 5, Frankfurt/M. 1995, S. 24)
Stille
anschl. Vaterunser
Mitteilungen mit Friedensgruß
Lied: “Wir haben Gottes Spuren festgestellt …”
Segen
Postludium
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